Travel on two wheels

Endlich wieder Berichte: TAIZÉ BIS NIZZA UND RETOUR

Bilder bitte auf Instagram anschauen 🙂 berichte hier sind eher im Schnellverfahren getippt, entschuldigt Fehler und Ungenauigkeiten.

TAIZÉ!
So., 13.4. – Mo., 21.4. (18.-27. Tag)

Einmal war ich zwar schon in Taizé, aber nur für zwei Nächte und nicht zu Ostern. Daher war es an der Zeit, dass ich mir die “volle Experience” gebe – in der Karwoche, in der alljährlich die meisten Jugendlichen den französischen Klosterhügel unsicher machen. Um die 4000 junge Leute aus aller Herren Länder auf einen Fleck, das war schon spannend. Deutsche waren besonders gut vertreten, danach kamen gefühlt die Portugiesen und dann erst die “Einheimischen”, die Franzosen.
Sonntags breche ich aus Chalon auf, das Navi leitet mich zielsicher auf die “Voie verte”, eine zum Radweg umfunktionierte ehemalige Bahntrasse. Schräg! Herrlich steigungsarm und teilweise schnurgerade führt mich diese Piste durch die Bourgogne, direkt durch die aufgelassenen Bahnhöfe (teilweise noch die Bahnsteige erhalten, in Buxy das Empfangsgebäude zum Touristenbüro zweckentfremdet). Man merkt, da war Geld im Spiel. Einen so toll ausgebauten Radweg findet man normalerweise eher in der Schweiz oder entlang der Donau. Stark!
Als ich kurz raste und ein Pain au chocolat verdrücke, begegnen mir zwei französische Mittvierziger, Xavier und Diego, und wir legen den Weg bis Buxy in eine Rad-Konversation vertieft gemeinsam zurück. Die beiden sind von Beruf Busfahrer und unternehmen eine kleine Sonntagsausfahrt zu einem Bauern am Land, bei dem sie ein Schwein “reservieren”, das dann nächstes Jahr am Teller landen soll. Die Franzosen – ein Gourmet-Volk!
Meine Ankunft in Taizé ist dann ein inneres Feuerwerk. Ich bin einfach nur glücklich. Auf ins Menschenmeer! Und da sehe ich auch gleich ein paar andere Reiseräder. Eines davon gehört Leve, der aus Hamburg hierher geradelt ist. Ich unterhalte mich prächtig mit ihm über unsere Reiseerlebnisse und wir ziehen dann auch in dieselbe Baracke ein (nach zwei Wochen Zelt darf’s dann auch mal ein echtes Bett sein). Auch Jeremias aus Offenburg (in der nähe von Straßburg) ist mit dem Veloziped hier. Da er, so wie ich, nach Süden weiter will, entschließen wir uns am Ende der Woche, gemeinsam weiterzuradeln. Eine sehr gute Entscheidung, wie sich herausstellt.
So intensiv und schön wie dieses Jahr habe ich Ostern noch nie erlebt. In Taizé komme ich ausgiebig zum Lesen in der Bibel, und dabei wird mir vieles über die Geschichte Jesu Christi erst klar (auch wenn ich lange noch nicht alles ganz verstehe). Für mich war Ostern bisher nicht viel mehr als bunte Eier suchen. Aber es steckt so viel mehr dahinter.
Das simple Essen, die Gebete dreimal täglich, die vielen Unterhaltungen mit anderen jungen Leuten, das sind wirklich schöne Erinnerungen an die Woche in Taizé.

28. Tag: Di. 22.4. Taizé – Massieux (kurz vor Lyon)

Gemeinsam mit Jeremias aus Taizé setze ich also die Tour fort. Jeremias ist 21, kommt aus Deutschland (Offenburg), hat sozialen Auslandsdienst in Uganda absolviert und befindet sich somit derzeit in einer ähnlichen Situation wie ich: bis zum Studienbeginn im Herbst hat er (mehr oder weniger) Freizeit. Sein Plan für den Mai: Woofing in den Pyrenäen. Bei Carcassonne hat er einen Kontakt, wo er einen Monat lang hackeln kann und im Gegenzug bekommt er Kost und Logis gratis – so lautet auch der Grundgedanke von Woofing.
Von Taizé gehts bei frischen 3-4 grad über die Voie Verte inklusive 1700m ehemaligen Eisenbahntunnel nach Mâcon, das vollständig im Morgennebel versteckt liegt. Dort der erste Stopp in der Zivilisation seit anderthalb Wochen – Geld abheben und Nahrung einkaufen. Praktisch: wenn man zu zweit ist, kann immer einer die Räder bewachen. Ich habe außerdem aus Taizé ein 2kg schweres Retourpaket an die Homebase dabei, das ich aber erst in Trevoux aufzugeben schaffe (mangels Postfilialen), einem bildhübschen Örtchen 70km weiter. Da Jeremias einen Gaskocher dabei hat, investieren wir in nudeln mit Pesto, die sich mir den kräftigen blauen Kartuschen schnell zubereiten lassen.
Um 17 Uhr herum nähern wir uns Neuville vor Lyon, wo J ins Rathaus schaut, um Infos bezüglich Campingplätzen zu bekommen. Erkenntnis: wir sind sogar schon ein bisschen zu weit gefahren! Massieux und sein Campingplatz liegen ein paar Kilometer hinter uns. Also radeln wir schnell zurück zu diesem Platz, denn es sieht regnerisch aus. Am Ende erwischt uns die Nässe dann doch nicht. Die Nudeln schmecken ausgezeichnet.

29. Tag: Mi. 23.4. Massieux – Lyon – Saint Villier
Durchquerung der zweitgrößten Stadt Frankreichs – mit Navi und ein bisschen Hilfe von Locals kein Problem. Allerdings ewig große Industriegebiete, viel lärm, ausgebrannte Autos stehen in den Banlieus, kurz: wir sind froh, als wir wieder in ländliche Regionen vordringen. Ab Lyon gehts nunmehr an der Rhone entlang, deren Ufer auch ein teilweise ausgebauter Radweg (eurovelo) ziert. Der ist aber eben nur teilweise vorhanden, führt oft auch haarsträubend auf unwegsame schotterpisten oder endet im Nichts. Beschilderung ist kaum vorhanden. Der ausbaustatus variiert allerdings auch je nach Departement, so ist oft an der Grenze zu einem anderen Departement ein Schild “provisorisches Ende des Radwegs” montiert. Oft führt der Weg auch unnötig in Ortschaften am Wegesrand hinein, durch das kaum vorhandene Ortszentrum, J und ich sprechen bald scherzhaft von “politischen Abstechern”, da sich hier eventuell die Bürgermeister in der Routenplanung eingemischt haben, damit der Ort ein bisschen am Radtourismus mitnaschen kann. In Saint villier kampieren wir zu zweit für unschlagbar günstige 8€ auf einem Platz direkt neben der Radroute. Perfekt. Am Abend packe ich meine jonglierballe aus, und wie es der Zufall will, kann auch J jonglieren – feine Passing-Session zu zweit mit 6 Bällen. Chef J’s Nudeln schmecken nach wie vor köstlich.

30. Tag: do. 24.4. Saint Villier – St. Andéol
Viviers ist der malerischste Ort, den wir an diesem Tag kreuzen. Ein ehemaliges Klosterdorf auf einem Felsen errichtet, sehr ähnlich wie Mont St. Michel in der Normandie, nur touristenfrei. Echt gigantisch. Schöne Basilika, in der J und ich alle ausgestellten Bibel-Gemälde, teils auch wertvolle uralte gewebte Teppiche (!) auf Bibelszenen analysieren. Das ist das erste Mal, dass ich Kirchenkunst wirklich kapiere. Davor waren das für mich alles nur Verzierungen. Campingplatz bietet uns eine Übernachtungsmöglichkeit in einem Abstellraum an, die wir gerne annehmen. So bleibt das Zelt trocken und wir kommen am nächsten Tag schneller Weg (weniger zusammenzupacken).

31. Tag: fr 25.4. St. Andéol – Pont du Gard
Nachts beginnt es zu schütten. Wir sind froh, überdacht zu sein. Anfangs mit regenmontur treten wir kräftig in die Pedale, der letzte Tag vorm Ruhetag ist es heute. Der Regen hört bald wieder auf, beginnt aber nach Avignon wieder – und wie. Noch nie so einen Guss erlebt. Das sind Badewannen, die es da regnet. 10 cm hoch überschwemmte Straßen. Sturzbäche. Alle verkriechen sich ins schützende Heim oder Auto. Nur J und ich sind die einzigen, die durchbeißen – und weiter pedalieren. Meine wasserUNdichten Radtaschen halten trotz regenhulle der Nässe nicht stand – innerlich habe ich sie schon abgeschrieben, es Wirrheit für eine Ortlieb Ausstattung, nur wann und wo ist die Frage (mangels Radgeschäft). Bei der Ankunft am camping in Remoulins, nahe pont du Gard, hört der Regen wieder auf. Gutes Timing.

32 Tag Ruhetag am Pont du Gard: illegales schwimmen im doch sehr frischen Fluss, illegales Springen von den Felsen, illegales Übernachten unter freiem Himmel, bis es zu Schiffen beginnt und wir uns in den Überdachten Eingangsbereich eines Bistros/Toilette legen. Ebenfalls illegal. Geiler Tag! Gute Erholung.

33. Tag: Sa. 26.4. Pont du Gard – Les saintes Maries de la mer
J und ich wollen zwar in entgegengesetzte Richtungen radeln (er Carcassonne, ich Nizza), aber wir dehnen unsere gemeinsame Weiterfahrt noch so lange wie möglich aus, weils einfach extrem Spaß macht. So radeln wir noch gemeinsam zum Meer, über Nimes (schöne Stadt mit römischem Amphitheater), nach Saintes M. D. M., das leider eine einzige Touristenhochburg ist. Aus dem Nichts der Camargue (Sandbanklandschaften, wilde Pferde, Nationalpark) haben sie hier ein Disneyland für Hardcoretourismus aus dem Boden gestampft. Teuer, abzocke, schrecklich. Wir haben trotzdem unseren Spaß und gönnen uns am Abend geile Moules frites – Muscheln mit Fritten. Noch nie gegessen, sehr empfehlenswert! Sehr stärker Wind den ganzen Tag, gute 40kmh aus West, da wird J bezüglich der morgigen Weiterfahrt ganz mulmig. Für mich wird’s Rückenwind werden. Leider kann er’s uns nicht beiden recht machen, der Wind.

Saintes Maries de la mer – bouc bel air
Richtig -sorry- beschissene Etappe. Zwei Platten in der Pampa. Die ersten zwei meiner Tour! Gut, nach 2000km darf’s auch mal sein. Aber in der Pampa! Den ersten Schlauch muss ich noch in der Camargue, den zweiten inmitten eines riesigen Industriegebiets wechseln – massig Moskitos machen stress. Muss eine Bahnlinie überqueren, um nicht wie vom Navi empfohlen über eine Art Autobahn zu fahren. Schreckliche Pisten die ganze Zeit. Einmal 10km durch einen Windpark – gigantische Windräder left and right – über eine Waschbrettstrasse. Fein gerippt von irgendeiner Raupenmaschine oder Panzer, wo da mal drübergerumpelt ist. Und seitdem rumpelt alles. Dass mein Rad bei den ständigen Erschütterungen nicht auseinanderfällt, ist ein wunder. Extrem viele Laster, warnweste for life. In Bouc Bel Air, schlimmstes Straßenkaff, werde ich noch vom einem Trottel am Campingplatz verarscht. Der will 15€ von mir für die Nacht, ohne Rechnung, ohne nix. Sanitäranlagen seit Jahren nict mehr geputzt, spinnen all the way. Ich geb ihm 10, keinen Kopf mehr zum herumdiskutieren. Wenigstens WLAN auf dem Platz.

– draguignan
Das Gegenteil vom Vortag: super Strecke, super Leute, supergeil. Endlich Provence in Reinkultur! Hitze, Sonne, ein Wildbach, in dem ich mich bade. Am Abend nettes essen und Unterhaltung mit einem Deutschen Paar, das hier klettern ist.

– nice
Nizza – geschafft! Trotz Gegenwinds und eines plattens (ja, ernsthaft, 10 km vorm Ziel, war aber eigenverschulden) erreiche ich mein Ziel am 30.4. Yesss! Jugendherberge namens Villa Saint Exupéry Gardens ist super, dort feiere ich dann meine Ankunft mit einem guten Bier und Pizza.

-2 Ruhetage in Nizza
Münchner Schüler kennengelernt, richtig gmiadliche Leute, ziemlich viel Spaß mit den Burschen und ein paar Drinks am Abend. Außerdem: Rad auf Vordermann bringen, Ortlieb Taschen erstehen, weiteres Zubehör. Entscheidung: ich trete auch den Heimweg per Rad an. War in den letzten Tagen schon ziemlich klar, jetzt ist es allerdings fix. Routenplanung mit Hilfe von Papa. Der kennt sich einfach immer am besten aus.

– imperia
Was gibts feineres, als den lieben langen Tag auf einer majestätischen Küstenstraße dahinzucruisen? Ein Ausblick schöner als der andere. Schwimmen, radeln, genießen.

– Genova
Noch ein Tag Küstenstraße, noch ein Tag Awesomness. Echt fein. Am Abend lerne ich am Campingplatz Adam aus Polen kennen. Er hat in den letzten 11 Tagen 1500km per Rad zurückgelegt, er ist bestens ausgerüstet und ein echt harter Hund. Toller, netter Kerl. Aber Europa (Er fährt bis Madrid) ist nur Training für ihn. Er radelt um die Welt. Von Madrid dann per Flieger nach Lima, Peru, durch S-Amerika und danach Australien. 12000 km. Stark. Wir reden den ganzen Abend, es ist eine tolle Bekanntschaft.

– irgendwo im Wald
Anspruchsvolle 160km Etappe mit einem 532m Pass. Wild campen irgendwo im Wald, nach der Distanz will ich einfach nur noch pennen. Po-Radweg ist kein Fahrgenuss. Viele schotterpisten, unsinnige wegführung, Schlamm und Lacken, extrem viele Flugpollen, die sich böse auf die nassen beweglichen Teile am Rad festsetzen.

-Cremona
In Piacenza wird alles wieder besser: wo ich davor Noch bis zu den Knöcheln samt Rad durch einen Fluss waten muss, wobei ich pro Sekunde 10 cm im Schlamm einsinke (so wie das Rad), kann ich gleich darauf Gott sei dank bei einer Glashausanlage mein Rad abwaschen. Perfekt. Sonst hätte das wohl den Tod für das Paulbike bedeutet, mit einer 2cm schlammschicht bedeckt. So ist aber alles geritzt für die weiterfahrt. In Piacenza lerne ich Gabriel, einen genialen Italiener kennen, der auch mit dem Rad unterwegs ist, auf Wallfahrt. Er verdient sich sein Geld als Streetperformer – lebende Statue, echt genial – und schlaft in Klöstern und Abteien. Super netter Typ. Wir machen mittags- Picknick gemeinsam.
Bis cremona nur noch ein Dahinschleppen, nah der brutalen Etappe gestern.

-Ruhetag in cremona

7.5.14

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