2. Tag: Krems – Au/Donau bei Linz (123 km)
Nach 9 Stunden fast ausschließlich im Sattel bin ich endlich am Campingplatz angelangt. Und weil ich hier der erste Radler der Saison bin, gibts als Begrüßung gleich einen Schnaps. Servus Oberösterreich!
Nach einer fabelhaften Beherbergung bei Freunden in Krems (vielen Dank noch einmal) steige ich um sieben Uhr in der Früh aufs Rad. Kurz vor der Abfahrt habe ich mir noch einmal die heutige Route berechnen lassen, und Google Maps (Fahrrad) kommt da auf eine ganz andere Kilometerzahl als naviki.org (eine spezielle Fahrrad-Routen-App, die ich bisher verwendet habe): 125 km spuckt mir Google als Ergebnis aus, während mir Naviki bisher 106 km prophezeit hatte. Na gut, wir werden sehen.
Zuerst das Vergnügen, dann die Arbeit: zwei Stunden lang zuckle ich genüsslich durch die Wachau, die sich touristenfrei von ihrer besten Seite präsentiert: jeder Dorfbewohner grüßt mich freundlich, ein paar Winzer beginnen gerade, ihre Weinstöcke für die Saison vorzubereiten und ich rolle gemütlich, mit der Kamera ständig schussbereit, durch diese Idylle. Nur die Kirchen zeigen sich wenig einladend: keine einzige ist zur Besichtigung geöffnet, nur die Wehrkirche in Weißenkirchen, allerdings versperrt auch dort ein Gitter den weiteren Zugang.
Dafür komme ich ausgiebig zum Schauen, ich kann mich an den landschaftlichen Reizen kaum sattsehen. Ein Dorf malerischer als das andere, auch Willendorf (Venus und so) durchfahre ich.
Nach diesem anfänglichen Spazierradeln entscheide ich mich, ab Spitz ein bisschen kräftiger in die Pedale zu treten, damit da was weitergeht und ich in absehbarer Zeit auch in Au an der Donau, meinem heutigen Etappenziel, ankomme. Mit Rückenwind (ich kann gar nicht in Worte fassen, wie dankbar ich für diesen Wettersegen bin) bin ich ziemlich flott unterwegs, über weite Strecken mit 27-30 km/h! So kann ich die Zeit locker aufholen.
Melk ist mein erster Rastplatz, direkt vor dem altehrwürdigen Stift gehe ich der Nahrungsaufnahme nach. Eigentlich wollte ich mich in den Innenhof des Gemäuers setzen, aber von dort hat mich ein (scheinbar im Leben gescheiterter) Aufseher weggepfiffen. Viel Zeit zum Faulenzen bleibt mir aber auch hier nicht, ich will weiterkommen und lege noch einmal 30 km bis Ybbs an der Donau drauf, in etwas mehr als einer Stunde. Mit Rückenwind echt nice.
Ein kleines Nickerchen gönne ich mir dann bei Kilometer 108, das ist dann auch schon ziemlich dringend nötig. In Wallsee ist das dann. Sehr weiche Wiese haben die dort übrigens. Sehr weich.
Die letzten 15 km muss ich dann zu Doping greifen: Ohrenstöpsel rauf, Drum&Bass rein. Das mobilisiert bei mir ungeahnte Kräfte, mit teilweise über 30 Sachen fliege ich meinem Ziel entgegen. Der Campingplatz liegt Gott sei Dank direkt am Radweg (der Weg führt sogar durch die Anlage!). Das ist in meinem Fall wirklich “lebensrettend”, da ich in meiner Erschöpfung fast keinen gerade Satz mehr formen kann. Ich bin einfach total gaga in der Birne. Statt “Ausweis” sage ich zB “Anweis” zum Herrn an der Rezeption. Der merkt gleich, was ich jetzt brauch: einen ordentlichen Schnaps! Weil sich der Platzchef so freut, dass schon heute, am ersten Öffnungstag, ein Radler übernachtet, geht das Stamperl aufs Haus. Oberösterreicher halt! “Echt lässig”, wie der Chefe jetzt sagen würde.
Da ich am Nachmittag nicht mehr zum Einkaufen gekommen bin, kehre ich beim Campingplatz ein. Da bewirtet mich Gerhard, wie einer der zwei Platzchefs heißt, mit vorzüglicher Pizza und kühlem Bier. Wunderbar. Eine spannende und witzige Unterhaltung über Gerhards Weltreisen, seine Betriebsphilosophie sowie eine Flasche Schwertberger Bräu (das Bier der lokalen Brauerei; zum Mitnehmen und Ausprobieren) gibts kostenlos dazu. Wahnsinn! Der Platz ist wirklich eine Empfehlung (www.camping-audonau.at), im Sommer gibt es jede Woche Livemusik, man kann in Schlaf-Fässern übernachten, die Bar ist täglich bis spät am Abend sehr belebt und es wird viel geredet und gelacht… Da ist es fast schade, dass ich nur eine Nacht hier bin. Dafür hab ich den ganzen Platz nur für mich und mein kleines Zelt. Luxus pur!
28.3.2014
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